Das Unterhaltsrecht ist ein komplexes und sensibles Thema, das oft Fragen aufwirft. Ein Begriff, der dabei immer wieder auftaucht, ist der Sonderbedarf. Doch was genau versteht man darunter? In diesem Artikel erklären wir, was Sonderbedarf bedeutet, wann er vorliegt und wie er rechtlich geregelt ist.
Was ist Sonderbedarf?
Im Unterhaltsrecht bezeichnet Sonderbedarf im Wesentlichen den zusätzlichen Bedarf eines Kindes, der den durchschnittlichen Bedarf eines gleichaltrigen Kindes in Österreich übersteigt, unabhängig von den konkreten Lebensverhältnissen des Kindes. Es handelt sich daher um Ausgaben, die nicht regelmäßig bei der Mehrheit der unterhaltsberechtigten Kinder anfallen. Die Einordung von Kosten als Sonderbedarf erfolgt unter anderem durch die Rechtsprechung.
Die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien für die Anerkennung als Sonderbedarf sind:
- Individualität
- Außergewöhnlichkeit
- Dringlichkeit
Beispiele für Sonderbedarf sind:
- Kosten für medizinische Behandlungen oder Therapien, die nicht durch die Krankenkasse abgedeckt werden.
- Ausgaben für Talentförderung, wie Musikunterricht oder Sporttrainings auf hohem Niveau.
- Kosten für besondere Bildungsangebote oder spezielle Förderung.
Wer trägt den Sonderbedarf?
Die Verpflichtung zur Deckung des Sonderbedarfs besteht nur dann, wenn ein sogenannter Deckungsmangel vorliegt. Das bedeutet, dass die vorhandenen Mittel – wie der reguläre Unterhalt, ein allfälliges Eigeneinkommen des Kindes oder Sozialleistungen – nicht ausreichen, um die zusätzlichen Kosten zu decken. In diesem Fall kann der betreuende Elternteil den Anspruch auf Sonderbedarf geltend machen.
Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass der Sonderbedarf vorrangig aus den normalen Unterhaltsleistungen finanziert werden sollte. Erst wenn diese Mittel nicht genügen, kann der zahlungspflichtige Elternteil zur Deckung herangezogen werden.
Wie unterscheidet sich der Sonderbedarf von anderen Unterhaltsmodellen?
Im Kontext von Betreuungsmodellen wie dem Doppelresidenzmodell oder dem Nestmodell ist der Sonderbedarf ein wichtiger Aspekt. Während bei diesen Modellen die Betreuung und die finanzielle Verantwortung zwischen den Eltern geteilt werden, betrifft der Sonderbedarf spezifische, zusätzliche Ausgaben, die über den normalen Bedarf hinausgehen. Eine klare rechtliche Regelung ist hier unerlässlich, um sicherzustellen, dass das Kind bestmöglich gefördert wird.
Rechtliche Beratung für Ihre individuelle Situation
Die Frage, ob ein bestimmter Kostenpunkt als Sonderbedarf anerkannt wird, hängt von der konkreten Situation und der aktuellen Rechtsprechung ab. Für eine fundierte rechtliche Beratung steht Ihnen unsere Rechtsanwaltsanwärterin Mag. Anna-Carina Kappel, Expertin im Familienrecht, zur Verfügung. Gemeinsam mit Ihnen erarbeitet sie maßgeschneiderte Lösungen, die auf die Bedürfnisse Ihrer Familie abgestimmt sind. Sie erreichen Frau Mag. Kappel unter recht@anwalt-graz.at.